BiogasFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Wärme

Biogas und Biomethan im Wärmemarkt

Biogas und Biomethan werden neben der Strom- und Kraftstoffproduktion auch zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Im Jahr 2019 wurde aus Biogas und Biomethan eine Wärmemenge von 16,7 TWh erzeugt. Das reicht aus, um 1,5 Mio. Haushalte mit Wärme zu versorgen.  Diese Wärme entsteht einmal bei der Verwertung von Biogas bzw. Biomethan in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) oder durch direkte Verbrennung von Biomethan in Heiz- und Brennwertkesseln.

Abwärme aus Vor-Ort-Verstromungsanlagen

Die meisten Biogasanlagen in Deutschland verstromen das erzeugte Biogas in einem oder mehreren Verbrennungsmotoren, sogenannten Blockheizkraftwerken (BHKW). Dabei entsteht Wärme als Nebenprodukt. Der thermische Wirkungsgrad der BHKW liegt in der Regel zwischen 34 und 55 %. Durch die Nutzung der BHKW-Abwärme kann der Gesamtwirkungsgrad auf bis zu 90 % gesteigert werden. Im BHKW fällt die Wärme auf unterschiedlichen Temperaturniveaus an. Sie kann aus dem Abgasstrom sowie dem Kühl- und Schmierölkreislauf des Motors gewonnen werden. Die Wärme wird anschließend an die verschiedenen Heizkreisläufe verteilt.

Nutzungsoptionen für BHKW-Abwärme

Ein Teil der bei der Verbrennung im BHKW entstehenden Wärme wird zum Beheizen der Fermenter genutzt (ca. 20-40 %). In den Sommermonaten, in denen weniger Heizenergie benötigt wird, bieten sich für die überschüssige Wärme weitere Nutzungsoptionen an, um die Gesamtleistung der Biogasanlage zu steigern.  Dadurch lässt sich die Gesamtwirtschaftlichkeit der Biogasanlage verbessern. Ab dem EEG 2012 wurde eine Wärmenutzungspflicht eingeführt, nach der Biogasanlagen mindestens 60 % der anfallenden Wärme nutzen müssen.

Trotzdem verwenden viele Biogas-BHKW-Anlagen nur einen geringen Teil der erzeugten Wärme extern. Laut einer gemeinsamen Studie der Hochschule für Umwelt und Wirtschaft Nürtingen-Geislingen und des Fachverband Biogas e.V. verwerten über 30 % der Biogasanlagen nur maximal 10 % der erzeugten Wärme extern. Bei kleinen Gülleanlagen ist dies durch den vergleichsweise hohen Wärmebedarf der Fermenterheizung begründet. In 36 % der Anlagen wird mehr als 50 % der erzeugten Wärme extern genutzt. Mengenmäßig ist die Fermenterheizung die bedeutendste Nutzungsart, gefolgt von der Beheizung öffentlicher Gebäude und der Holztrocknung. Die zu erzielenden Preise für die erzeugte Biogaswärme in Biogas-BHKW-Anlagen schwanken stark. Laut Studie liegt der Arbeitspreis im Mittel bei 2,6 ct/kWhth. Die Spanne reicht aber von einer kostenlosen Wärmeabgabe hin zu Spitzenpreisen von bis zu 9 ct/kWhth.

 

 

1. Interne Wärmenutzung

Zur Aufrechterhaltung einer stabilen Prozessbiologie hat die Beheizung der Fermenter Vorrang vor allen anderen Nutzungsmöglichkeiten der erzeugten Wärme. Der Bedarf an Wärme für die Fermenterheizung ist saisonabhängig und schwankt jahreszeitlich. Somit steht im Sommer mehr Wärme für externe Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung als im Winter. Ein weiterer Wärmebedarf kann sich aus dem Anlagenkonzept sowie dem Substrat- und Gärresthandling der Biogasanlage ergeben. Viele Biogasanlagen verfügen beispielsweise über eine Hygienisierungsstufe oder eine thermische Substrataufschlusstechnologie. Häufig erfolgen auch Gärrestaufbereitungsverfahren thermisch, z.B. durch Trocknung der festen Gärreste oder durch Verdampfung der flüssigen Phase.

Doppelrohrwärmetauscher zur Fermenterbeheizung (Quelle: ROTARIA GmbH)

Doppelrohrwärmetauscher zur Fermenterbeheizung (Quelle: ROTARIA GmbH)

2. Wärmenetze

Über eine Nahwärmeleitung können nahe gelegene Wohnsiedlungen, Krankenhäuser, Schulen, Schwimmbäder, Gewächshäuser usw. mit Wärme versorgt werden. Oft stehen die BHKW-Anlagen jedoch direkt am Standort der Biogasanlage, wo meist keine direkten Wärmeabnehmer verfügbar sind. Da Investitionen in Wärmeleitungen zum Transport der Wärme sehr kostenintensiv sind und in Abhängigkeit der Länge der Wärmeleitung mit Wärmeverlusten zu rechnen ist, haben sich in den letzten Jahren zunehmend sogenannte „Satelliten BHKW“ etabliert. Sie stehen in unmittelbarer Nähe zur Wärmesenke und sind über eine Gasleitung mit der Biogasanlage verbunden. Die Verstromung und Wärmeerzeugung erfolgt am Standort des Wärmebedarfs. So werden Kosten für Wärmeleitungen eingespart und Wärmeverluste reduziert. Wärmespitzen im Winter müssen in der Regel durch redundante Heizsysteme, wie z.B. eine Hackschnitzelheizung, abgedeckt werden.

Entsprechende Projekte können über Biogasanlagenbetreiber, öffentliche Träger, Wärmekunden (z.B. als Genossenschaft), einem Contractor oder verschiedenen Parteien gemeinsam umgesetzt werden.

Hinweise zu entsprechenden Geschäftsmodellen finden Sie in der FNR-Publikation „Geschäftsmodelle für Bioenergieprojekte“.

Wärmeleitungen (Dr. Hermann Hansen, FNR)

Wärmeleitungen (FNR/Dr. Hermann Hansen)

3. Trocknung land- und forstwirtschaftlicher Produkte

Die Trocknung land- und forstwirtschaftlicher Produkte, die sich häufig in unmittelbarer Nähe der Biogasanlage befinden, kann eine gute Nutzungsmöglichkeit der Biogasabwärme sein. Bei der Wahl der zu trocknenden Güter sollte berücksichtigt werden, dass eine Differenz zwischen dem Wärmeangebot und dem Wärmebedarf besteht. Z.B. fällt Getreide als Trockengut nur in einem kurzen Zeitraum, allerdings in großen Mengen an. Die zur Trocknung notwendige Wärmeleistung liegt dann aber oft über dem Wärmeangebot der Biogasanlage. Ein Vorlagern von feuchtem Getreide ist nur im begrenzten Maße möglich. Ein gleichmäßiger Wärmebedarf kann sich bei der Bereitstellung von Holzbrennstoffen einstellen.

Die Trocknung erfolgt über die Zufuhr von Luft durch Verdunstung des im Trockengut enthaltenen Wassers. Satztrockner sind am Markt ab 100 kW erhältlich. Deren Trocknungsqualität ist für den Einsatz von Energieholz ausreichend. Für Güter mit hoher Schüttdichte, wie z.B. Getreide, ist jedoch eine gleichmäßige Durchströmung mit Trocknungsluft notwendig, um das Verderben des Trockengutes zu vermeiden. Hier eigenen sich Durchlauftrocknungsanlagen, die eine Bewegung und Durchmischung des Trockengutes gewährleisten. Durch eingebaute Mischer sowie eine kontinuierliche Aufgabe und Entnahme wird eine gleichmäßige Trocknung erreicht. Durchlauftrockner sind meist für Wärmeleistungen über 300 kW erhältlich, die Anschaffungskosten sind jedoch deutlich höher als bei Satztrocknern. Der Energieverbrauch ist jedoch geringer.

Bandtrockner der Fa. STEROS Industriemontagen (Steffen Rosenbaum)

Bandtrockner der Fa. STEROS Industriemontagen (Steffen Rosenbaum)

4. ORC-Prozess (Organic Rankine Cycle)

Beim ORC-Prozess wird überschüssige BHKW-Abwärme in elektrische Energie überführt. Dieser sogenannte Nachverstromungsprozess gleicht dem „Wasserdampf-Prozess, wobei anstelle von Wasser ein organisches Arbeitsmedium mit niedrigeren Kondensationstemperaturen, z.B. Silikonöl, verwendet wird.

Nach den EEGs 2004 und 2009 erhielten Betreiber von Nachverstromungsanlagen den sogenannten Technologiebonus. Dieser wurde im EEG 2012 abgeschafft, allerdings konnte man durch den Betrieb einer Nachverstromungsanlage die Pflicht zur Wärmenutzung erfüllen. Seit dem EEG 2014 ist der Zubau von ORC-Anlagen sehr gering.

ORC-Anlage im Praxisbetrieb (Fraunhofer Umsicht)

ORC-Anlage im Praxisbetrieb (Fraunhofer Umsicht)

 Schema einer ORC-Anlage (Fraunhofer Umsicht)

Schema einer ORC-Anlage (Fraunhofer Umsicht)

5. Kälteerzeugung

Die so genannte Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) ermöglicht es, die erzeugte BHKW-Abwärme in Kälte umzuwandeln und zum Kühlen zu verwenden. Dabei handelt es sich meist um Absorptions- oder Adsorptionskälteanlagen, bei denen ein Kältemittel verdampft wird. Vorteil des Verfahrens: die überschüssige Wärme kann auch in den Sommermonaten genutzt werden. Das Verfahren kann in verschiedenen landwirtschaftlichen Bereichen zum Einsatz kommen, z. B. bei der Milchkühlung oder der Stallklimatisierung. Die typische Leistung für Absorptionskältemaschinen liegt zwischen 30 und 100 kW.

 

6. Wärmespeicherung und -transport

Für eine bestmögliche Wärmenutzung sind Speichersysteme erforderlich. Im stationären Bereich werden hierzu entsprechend dimensionierte Pufferspeicher verwendet. Biogasanlagen befinden sich meist nicht in unmittelbarer Nähe zu einem Wärmeabnehmer. Daher sind auch die Speicherung und der Transport von Wärme eine Möglichkeit der externen Wärmenutzung. Latentwärme- und thermodynamische Wärmespeichersysteme sind derzeit die bevorzugten Technologien. Bei ersteren kommen PCM (Phasenwechselmaterialien) zum Einsatz. Hierbei wird die Wärme als Schmelzwärme genutzt und der Aggregatzustand ändert sich von fest auf flüssig. Bei der Wärmeentnahme wird der Prozess umgekehrt. Beim zweiten Verfahren kommen Zeolithe zum Einsatz, die aufgrund ihrer mikroporösen Oberflächenstruktur die Wärme speichern. Bei Durchströmung mit kühler und feuchter Luft werden diese dann wieder entladen. Wärmetransportsysteme werden bereits von verschiedenen Unternehmen genutzt.

 

7. Industrielle Prozesswärme

Rund zwei Drittel des Endenergieeinsatzes in der Industrie werden für Prozesswärme benötigt. Bisher werden dazu erst 5 Prozent aus Erneuerbaren Energien zur Verfügung gestellt. Ein Großteil der zur Erzeugung von industrieller Prozesswärme notwendigen Energie wird durch Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas bereitgestellt. Durch die Verbrennung von Biogas kann ein Temperaturniveau von über 500 Grad Celsius leicht erreicht werden. Mit Biomethan, z. B. in einer Biomethan-Direktfeuerungsanlage, lassen sich auch weitaus höhere Temperaturen von über 500 Grad Celsius realisieren.

 

Thermische Nutzung von Biogas

Die Verbrennung von aufbereitetem Biogas zur Wärmebereitstellung kann in sogenannten Allgasgeräten erfolgen, die auf verschiedene Brennstoffe umgestellt werden. Da Biogas Schwefelwasserstoff enthält, müssen Geräteteile aus Buntmetall und niederen Stahllegierungen ausgetauscht oder das Biogas gereinigt werden. Ansonsten ist mit Korrosion zu rechnen.

 

Wärme aus Biomethan

Zu Erdgasqualität aufbereitetes Biogas, sogenanntes Biomethan, kann in das Erdgasnetz eingespeist, gespeichert, transportiert und an beliebiger Stelle wieder entnommen und verwertet werden. Die Anlagen beziehen das Biomethan dabei virtuell aus dem Gasnetz. Zur Wärmebereitstellung aus Biomethan eignen sich KWK-Anlagen oder zur direkten Wärmeerzeugung Brennwertthermen, Biomethan-Niedertemperaturkessel oder Direktfeuerungen.

Biomethan-BHKW (Agrarservice Lass GmbH)

Biomethan-BHKW (Agrarservice Lass GmbH)