BiogasFachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

 

Gärprodukte-Aufbereitung

Nachhaltige Aufbereitung und Verwertung

Mit dem Ausbau der Biogasproduktion in Deutschland stieg auch die Menge an Gärprodukten. Derzeit werden in Deutschland ca. 9.000 Biogasanlagen und rund 200 Biomethananlagen betrieben, aus deren Betrieb jährlich ca. 82 Mio. t Gärrückstände entstehen, die von den Landwirten und Biogasanlagenbetreibern verwertet werden müssen. Sie beinhalten wertvolle Pflanzennährstoffe und organische Substanz zur Bodenverbesserung und können mineralische Dünger ersetzen, die ansonsten energieintensiv hergestellt werden müssen. Der größte Teil der Gärrückstände wird aktuell noch in der Landwirtschaft verwertet. Dabei stoßen Landwirte und Biogasanlagenbetreiber mehr und mehr an ihre Grenzen: Nährstoffüberschüsse in viehstarken Regionen und die immer strenger werdenden Rahmenbedingungen, nicht zuletzt die Anpassung der Düngeverordnung, schränken das Ausbringen von Wirtschaftsdüngern aus der Viehhaltung stark ein.

Getrocknete Gärrückstände, Quelle: DORSET GROUP B.V.

Getrocknete Gärrückstände, Quelle: DORSET GROUP B.V.

Verwertungsoptionen

Aufbereitete transportwürdige Gärrückstände könnten ein interessantes Produkt für viele Anwender sein, z. B. für Landwirte in reinen Ackerbauregionen, für Erwerbs- und Hobbygärtner oder Garten- und Landschaftsbauer. Rein pflanzliche Gärrückstände kommen auch als Tiereinstreu oder als Bauprodukt in Frage. Durch die Aufbereitung und Konditionierung von Gärrückständen, z. B. durch Volumenreduzierung oder das Aufkonzentrieren von Nährstoffen, können die Kosten für Lagerung, Transport und Ausbringung gesenkt werden. Zu den wichtigsten Aufbereitungsverfahren zählen Separation, Trocknung, Pelletierung, biologische Behandlung, Verdampfung und Nährstoffextraktion (Strippung, Fällung).

 

Separation

Während der Separation werden die Gärprodukte mechanisch in feste und flüssige Phase aufgetrennt. Dadurch kann der Lagerbedarf für flüssige Gärrückstände um bis zu 20 % reduziert werden. Die feste Phase mit Trockenmassegehalten von 20-40 % weist eine verbesserte Transportwürdigkeit auf und ist v. a. mit Kohlenstoff und Phosphat angereichert. Die flüssige Phase mit einem Trockenmassegehalt von 1-8 % ist mit Ammonium (NH4+) angereichert und gilt somit als schnell wirksamer Stickstoffdünger. Verwendete Techniken und Verfahren zur Separation sind Schneckenpresse, Bandfilterpresse, Siebe und Flotation.

Separator zur Fest-Flüssig-Trennung, Quelle: ROTARIA GmbH

Separator zur Fest-Flüssig-Trennung, Quelle: ROTARIA GmbH

Trocknung

Die Trocknung dient der Reduzierung von Wasser im Gärrückstand, wobei heiße Luft, vorzugsweise BHKW-Abwärme, durch die Gärrückstände geführt werden. Die trockenen Gärprodukte weisen Trockenmassegehalte von bis zu 90 % auf. Die erzeugten Produkte können neuen Absatzbereichen, wie Erdenwerken oder der Düngemittelherstellung, zugeführt werden. Getrocknete Gärrückstände sind in Abhängigkeit der Restfeuchte lager- und transportstabil.

Zur Vermeidung von Ammoniakverlusten und Geruchsemissionen kann die Trocknerabluft mittels saurer Wäscher gereinigt werden. Gleichzeitig kann Ammoniumsulfatlösung (ASL) als Stickstoffdünger hergestellt werden. Eine Alternative zur Vermeidung von Ammoniak-Emissionen ist die Ansäuerung der Gärrückstände. Zu den häufigsten Trocknerarten zählen Bandtrockner, Schubwende-, Wirbelschicht- und Trommeltrockner oder Wagen- bzw. Containertrockner.

Bandtrockner der Fa. STEROS Industriemontagen, Quelle: Steffen Rosenbaum

Bandtrockner der Fa. STEROS Industriemontagen, Quelle: Steffen Rosenbaum

Pelletierung

Die Pelletierung bezweckt das Kompaktieren der getrockneten Gärrückstände mit einem Trockenmassegehalt von 85-90 % und einer Schüttdichte von etwa 250-350 kg/m³ auf 700-750 kg/m³. Durch die Erhöhung der Dichte soll die Transportwürdigkeit und die Lagerfähigkeit verbessert werden. Dazu werden die getrockneten Gärprodukte unter hohem Druckeinfluss durch Matrizen gepresst. Man unterscheidet Ringmatrizen und Flachmatrizen. Der Strombedarf zur Pelletierung getrockneter Gärrückstände beträgt etwa 30 – 50 kWhel/t. Gärpellets lassen sich in Gartencentern und Baumärkten vermarkten. Gärpellets können zusätzlich mit mineralischen und organischen Zuschlagsstoffen zu Spezialdüngemitteln veredelt werden.

Pellets, Quelle: DORSET GROUP B.V.

Pellets, Quelle: DORSET GROUP B.V.

Pelletieranlage, Quelle: DORSET GROUP B.V.

Pelletieranlage, Quelle: DORSET GROUP B.V.

Biologische Behandlung

Durch Kompostierung oder biologische Abwasserreinigung wird die Stabilisierung des organischen Materials erreicht. Geruchsemissionen werden reduziert und Stickstoff wird als gebundener organischer Stickstoff fixiert bzw. in Luftstickstoff umgewandelt.

Durch die aerobe Rotte werden feste Gärrückstände in Abhängigkeit des Rottegrades in Frisch- und Fertigkomposte überführt. Sie dienen im Garten- und Landschaftsbau als Bodenhilfsstoffe und Düngemittel. Die enthaltenen Nähr- und Kohlenstoffe werden in stabilere Humuskomplexe umgewandelt. Durch die hohen Rottetemperaturen von bis zu 70 °C werden Nachrotteverfahren häufig als Hygienisierungsstufe für feste Gärprodukte eingesetzt.

Bei der biologischen Abwasserreinigung erfolgt durch Nitrifikation (belüftete Umsetzung von NH4 zu Nitrat) und Denitrifikation (anaerobe Umsetzung von Nitrat zu Luftstickstoff) die biologische Umwandlung von im Gärrückstand enthaltenen Stickstoffverbindungen in Luftstickstoff (N2). Dazu sind in der Regel große Klärbecken notwendig, die zur Belüftung, Absetzung, Klärung und ggf. Fällung verwendet werden. Ziel ist es, das gereinigte Wasser in den Vorfluter einzuleiten. Aufgrund der Nährstoffüberschüsse in der Landwirtschaft gewinnen diese Verfahren mehr an Interesse.

 

Flüssige Aufbereitung

Durch die Abtrennung von Wasser soll eine Volumenreduktion von bis 50 % und eine Aufkonzentrierung der Fest- bzw. Nährstoffe erreicht werden. Dabei werden eine dickflüssige Nährstofflösung (Konzentrat), Wasser (Permeat) und ggf. ASL generiert. Die aufkonzentrierte Nährstofflösung kann wie flüssige Gärprodukte ausgebracht werden. Dabei vermindern sich Kosten, Arbeitsaufwand und Lagerbedarf. Das Permeat kann in die Atmosphäre abgegeben, u. U. in Gewässer eingeleitet oder auf landwirtschaftlichen Flächen verregnet werden.  Die Volumenreduktion erfolgt mittels Eindampfung (Normaldruck), Vakuumverdampfung (Unterdruck) oder Membranverfahren (Filtration). Die ASL aus der Abluftbehandlung der Verdampfungsverfahren kann als Mineraldünger vermarktet werden.

Gärrestverdampfung Vapogant, Quelle: Biogastechnik Süd GmbH

Gärrestverdampfung Vapogant, Quelle: Biogastechnik Süd GmbH

Nährstoffextraktion

Bei der Nährstoffextraktion werden Einzelnährstoffe generiert, die als Mineraldünger ausgebracht oder in der chemischen Industrie verwendet werden. Zudem wird der Gärrückstand bis hin zur Einleitfähigkeit aufbereitet. Einzelne Schritte der Nährstoffextraktion sind Filtration, Fällung des Phosphats und Strippung des Ammoniums.

Während der Fällung entsteht Magnesiumammoniumphosphat (MAP) oder Calciumphosphat, die als Mineraldünger oder zur weiteren Herstellung von Düngemitteln eingesetzt werden. Bei der Strippung können ASL aus dem Gaswäscher sowie ggf. ein stickstoffreicher Kalkdünger erzeugt werden. Zudem entsteht ein stickstoffreduziertes Gärprodukt, das als Rezirkulat wieder in die Fermentation zugeführt werden kann. So können im Fermenter auch Substrate mit höheren Stickstoffgehalten ohne Risiko einer Hemmung eingesetzt werden. Das Abwasser mit hohen Nährstoff- und Organikanteilen kann konventionell wie flüssige Wirtschaftsdünger ausgebracht oder einer weiteren Aufbereitung unterzogen werden.

N-Strippung, Quelle: Terrawater GmbH

N-Strippung, Quelle: Terrawater GmbH

Weitere Informationen zur Aufbereitung von Gärrückständen sind in der Broschüre „Düngen mit Gärprodukten“ verfügbar: https://mediathek.fnr.de/dungen-mit-garprodukten.html

Förderaufruf des BMEL und aktuelle Projekte

Um diese Potenziale noch besser zu erschließen hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) u. a. mit dem bundesweiten Förderaufruf „Nachhaltige Aufbereitung und Verwertung von Gärrückständen“ innovative Forschungs- und Entwicklungsvorhaben initiiert. Mit den über das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verfolgt das BMEL das Ziel mehr Kenntnisse über Nährstoffgehalte und Humuswirkung zu gewinnen um Gärrückstände effizient und zielgenau einsetzen zu können. Daneben sollen Ausbringtechniken verbessert und neue Möglichkeiten der Aufbereitung und Vermarktung erschlossen werden. Konzepte für Nährstoffüberschussgebiete oder Infomaterialien für Anlagenbetreiber und Verbraucher sind gefragt. Informationen zu den einzelnen Vorhaben sind unter den verlinkten Förderkennzeichen in der Projektdatenbank der FNR abgelegt.

Entwicklung einer wirtschaftlichen Ammoniak-Strippanlage für Gärreste in Biogasanlagen zur Nährstoffentfrachtung und Substratflexibilisierung

Projektpartner:

  • Technische Universität Berlin - Institut für Prozess- und Verfahrenstechnik - Fachgebiet Verfahrenstechnik
    FKZ: 2220NR044X

Angesäuerte Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen und in der Gärrestdüngung

Projektpartner:          

  • Christian-Albrecht-Universität zu Kiel - Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik
    Teilvorhaben 1: Ertragssicherheit, Nährstoffeffizienz und Emissionsminderung entlang der Prozesskette von Methanproduktion über Düngung bis Bodenmikrobiom
    FKZ: 2220NR053A
  • Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern
    Teilvorhaben 2: Emissionsminderung bei der Ausbringung von Gärresten durch Ansäuerung
    FKZ: 2220NR053B

Verringerung der Lachgas-Emissionen bei der Verwertung von Gärrückständen durch den Einsatz von Lachgas-reduzierenden Bakterien

Projektpartner:

  • Technische Universität Darmstadt - Fachbereich Biologie - Arbeitsgruppe Mikrobielle Energiewandlung und Biotechnologie
    FKZ:  22034018

Verfahren für eine Nährstoffverschiebung in Wirtschaftsdüngern für eine effizientere Ausbringung

Projektpartner:

  • Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS
    Phase 1: Labortechnische Untersuchungen
    FKZ: 22036318

Regionale Nährstoff-Rückgewinnung aus Gärresten und Gülle mittels thermochemischer Konversion und Kristallisation an Calcium-Silicat-Hydrat-Phasen-RegioGquadrat

Projektpartner:

  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT) - Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG)
    Teilvorhaben 1: Nährstoffrückgewinnung aus der Flüssigphase mittels P-RoC-Verfahren
    FKZ:2220NR023A
  • EuPhoRe GmbH
    Teilvorhaben 2: Nährstoffrückgewinnung aus der Festphase mittels EuPhoRe-Verfahren
    FKZ: 2220NR023B

Verbundvorhaben: Neue Absatzmärkte für Gärprodukte durch Aufbauagglomeration mit Sekundärstoffen

Projektpartner:

  • Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg
    Teilvorhaben 1: Technologische Produktentwicklung
    FKZ: 22032218
  • Humboldt-Universität zu Berlin
    Teilvorhaben 2: Ökonomische Analyse
    FKZ: 22032318
  • Verein zur Förderung agrar- und stadtökologischer Projekte (ASP) e. V.
    FKZ: 22032418